Donnerstag, 13. Oktober 2011

Aufmerksamkeit

Die Gänse ziehen gen Süden.
Die meisten Menschen wissen das, aber sie merken es nicht.
So wie heute. Selbst, als das Päärchen neben mir gespannt meinem Rundumblick folgten, nur verständlislose Blicke.
Mit den Gänsen ist das anders. Die merken, dass der Winter kommt, doch sie wissen es nicht, oder?
Die Menschen merken an sich recht wenig.

Dienstag, 4. Oktober 2011

Strugazki - Praktikanten

Was Ich an "Praktikanten" der beiden Strugazkis mag, ist das sie nichts erklären. Das Buch ist durchaus vom allwissendem Erzähler geschrieben, doch der berichtet nur, was passiert, kein Background, keine Gedankeninterpretationen, keine Rückblenden, nichts.

Ein bisschen wie ein Film. Nur was mich schon immer an Filmen gestört hat ist, dass sie einem keine Zeit lassen. Und deshalb müssen Filme erklären. Subtil durch Kameraeinstellungen, offensichtlich (und dramaturgisch meist absolut langweilig) durch Rückblenden, bah. Bloß nicht den Zuschauer verlieren.
Und das schöne dabei: Bücher können sich, im Gegensatz zu Filmen, diese Erklärungen, Erläuterungen, Background leisten. Sie haben Zeit. Lesezeit. Und viele tun dies auch. Doch eben nicht alle. Und besonders nicht die Strugatzki-Bücher.
Das verwirrt ungemein. Richtig unwohl fühlt man sich da. Und man blättert zurück oder auch nicht und beginnt aktiv zu werden. Man erklärt selbst, man interpretiert, man ist entsetzt, man stimmt zu,man denkt,

DAS ist der Spaß beim Lesen. Jüngst hab Ich in der Bibliothek einen der alten Gruselromane von Dean Koontz in der Hand gehabt und es hat mich ungemein, ungemein gelangweilt.
Die fast schon trockene Erzählung der Praktikanten tut das nicht.

Obwohl Ich's, wider besseren Wissens, erwartet habe. Der alte Fehler: Das Buch nach seinem Einband beurteilt. Raumschiffe auf fremden Planeten, oder den Badlands mit Lava dazwischen, wer weiß. Der Rückentext trägt auch nicht zum Interesse bei:
Die Erde im 22. Jahrhunder. Ein junger Techniker fliegt zum erstenmal in die unendlichen Weiten des Weltraums. Angriffe von Marsungeheuern, gefährliche Erkundungen und riskante Experimente machen den Flug zu einem bedrohlichem Abenteur.
Hng, selbst Star Trek ist da kreativer.

Dabei ist das Buch beileibe keine schmalzige Space Opera. Gleich zuallererst hauen die Brüder einem eine wunderbare Diskussion um das für und wider eines arbeitsamen Lebens statt Genußbestreben um die Ohren. Wunderbar. Im Rahmen eines Weltraumabenteuers streiten trockene Wissenschaft mit Abenteuerlust, Experimentierfreude mit Systematik, Wahrscheinlichkeit mit Erwartung und letztendlich auch Liebe mit Pflichtgefühl. Und das alles beobachte ich beim Lesen. Ich beobachte und interpretiere. Das, was mir präsentiert aber kaum erklärt wird.

Ein bisschen entsteht dabei immer der Eindruck, als wäre das Buch gar nicht mit diesem Ziel geschrieben worden. Als hätten Boris und Arkardi wirklich versucht, einen triefenden, schwer romantischen Space-Quest zu schreiben. Und dann sind sie gescheitert. An sich selbst, am Bestreben, Sinn zu geben, an ihrer Bildung und ihrer Denkfreude und nicht zuletzt auch am Schalk, der durch jeder ihrer Zeilen winkt.
Ein gutes Buch.

Montag, 5. September 2011

Nazihasser

Facebook. Freunde. Wahlen.
Man spricht über Nazis, Rechte, NPD.

Und natürlich wie man die hasst. Bedingungslos.
"Braune Scheiße" und so weiter. Kennt man wohl.

Und mir der generellen Ablehnung habe Ich auch kein Problem. Ich kann die auch nicht leiden. Menschen zu hassen, um seine eigenen Probleme auf andere zu projezieren und so am Ende eigentlich doch wieder sich selbst zu hassen ist eine der teuflischen Glanzleistungen des menschlichen Geistes. Die Definition der Bigotterie quasi. Nicht nur, dass man sich selbst betrügt, indem man seine Ängste an anderen hasst, nein der Fremdenhass stellt auch noch sicher, dass quasi "the maximum amount" Schaden an der Umgebung garantiert wird.

Nur warum hören die Nazihasser sich dann genauso wie die Nazis an? "ich hasse Nazis" ist doch wohl der gleiche Sermon wie "Ich hasse Juden", nur mit anderem Hassobjekt. Das schlimme an den Rechten ist ja nicht, wen Sie hassen, Juden, Ausländer, Schwule, Roma, das ist alles austauschbar.
Das Abscheuliche ist doch wohl, DASS sie bedingungslos hassen. Die Arschlöcher.

Das hat mir immer Angst gemacht. Dass Menschen dazu fähig sind. Realitäten mit Absicht zu ignorieren, um alle anderen, nur nicht sich selbst zu hassen und damit wiederum das eigene Ego als Ursache und damit hassenswert zu machen.

Nur sehe Ich in den Augen der Meschen die gleiche Einstellung, wenn die Nazis gehasst werden. Hass bleibt Hass. Ekel, Abscheu, Unverständnis, Befremdung, alles könnte Ich akzeptieren, nur bedingungslosen Hass nicht. Und eben die daraus resultierende Rhetorik.

Man kann nur Urteilen, wenn man es besser weiß. NaziHASSER sind dazu dann wohl scheinbar nicht in der Lage? Wiederum Bigotterie. Je länger Ich darüber nachdenke, desto ähnlicher werden sich beide Seiten.

Bloß wie bringt man den Leuten bei, dass man Nazis nicht hasst, sondern verabscheut. Und kann man Dinge verabscheuen, die man versteht? Angenommen Ich setze mich mit den Gründen auseinander, die Werner Müller dazu getrieben haben, seinen Hund auf ein n dunkelhäutiges Kind zu hetzen. Angenommen seine Mutter erzählt mir, dass er früher Angst vor Hunden hatte und er das Vieh nun die schlimmsten Dinge begehen lässt, weil er eben verabscheut, was er NICHT versteht. Das gibt ihm Bestätigung, vertieft und vergräbt aber seine Ängste.
Na und rechts zu sein ist da halt der einfachste Weg, weil Werner eben schon immer nicht der Hellste war.

Kann Ich das noch verabscheuen? Muss Ich das nicht sogar bedauern?
Verneinen, als Unrecht erkennen, natürlich.

Ich will bloß nicht dem Mörder das Messer in den Rücken rammen, mit dem er sein Opfer erstochen hat.

Vorwörter sind scheiße

Vorwörter sind Müll

Und Ich bin mir gar nicht so sicher, ob das am Konstrukt, der Erfindung, quasi der Idee eines Vorwortes selbst liegt, oder doch einfach an den Idioten, die Vorwörter schreiben. Jedenfalls ist mir bisher noch kein einziges untergekommen, das nicht in irgend einer Weise das Lese- und (wichtiger) Denkvergnügen verdirbt.

Schlimmstenfalls werden größere Teile der Erzählung verraten, ob nun "im historischen Kontext" oder "zum Verständnis" des Autors. Was der Schreiber dabei vergisst: Ihr verratet trotzdem  einen Teil der Geschichte. Und weitaus schlimmer: Den Autor. Ihr Arschlöcher. Bestenfalls versucht irgendein "Experte" mir zu sagen, wie ich das zünftig zu lesende zu interpretieren habe.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Erschaffer von Werken wie Herr der Ringe oder der gerade vor mir liegenden  "Gateway Triologie" Frederiks Pohls einen Leser im Sinn gehabt haben, der beim Lesen des Buches bereits dessen historische Einordnung, sämtliche biographischen Eckdaten und dessen Bedeutung für die "literarische Welt" im Sinn hatten. Die wollten einfach ihr Buch schreiben und eben ihren Roman oder ihre Ideen(oder oft eben deren Abwesenheit) auf den Leser wirken lassen. Und das ist gut so. Und das nehmt ihr Idioten diesen Autoren, wenn ihr uns so ein beknacktes Vorwort serviert.

"Oh nein, aber was wenn das Buch schon älter und eben gar nicht mehr auf den aktuellen literarischen Kontext zuträfe, womöglich falsch verstanden würde?"
Nein. Nein. Nein.

Dann hat dieses Buch, wie eben alle Bücher, Werke, Schriften, Filme und selbst Opis Kritzeleien in den Baum im Garten eben das Recht dazu. Das schafft Konflikte. Gut so. Die Lösung dieser Konflikte bildet.
Historische Kontexte sind vielleicht wichtig, um Motivation, künstlerischen Anspruch und was sonst noch so an Beschäftigungstherapien in der Literaturwissenschaft  existiert zu verstehen und zu (*schauder*) klassifizieren. Wichtig für das Verständnis seiner Entstehung.
Aber ein Buch, dessen Botschaft (Bücher ohne Botschaft gibt es nicht: "Ich will die mit SF-Quatsch unterhalten, bäm!") nur im "historischen Zusammenhang" und "aus des Autors Sicht" verstanden werden können sind wie Vorwörter: Müll.

Ich lese keine Vorwörter.